Alles außer 08/15

  • Autor:

    Julia Braun 

  • Datum: 26.09.2013
  • Calpano-Gründer Heiko Haller und Max Völkel

Alles außer 08/15

Mit einem Informatik-Studium stehen einem Absolventen viele Wege offen. Wir stellen den beruflichen Weg von Dr. Max Völkel vor, seines Zeichens promovierter Informatiker und Startup-Experte am Institut für Entrepreneurship, Technologie-Management und Innovation (EnTechnon) am KIT.


Heiko Haller und Max Völkel

V.l.: Heiko Haller und Max Völkel; Gründer von Calpano


Werdegang zweier Startup-Gründer

 

Max Völkel stammt aus Münster, wo er 1997 auch sein Abitur machte. Für das KIT beziehungsweise damals die Universität Karlsruhe entschied er sich wegen des guten Rankings der Informatikfakultät. Sein Vater war Unternehmer, was ihn selbst mit dem Unternehmertum vertraut gemacht hatte und ihn wohl auch in diese berufliche Richtung vorgeprägt hat. Selbständig zu werden war nie sein erklärtes Ziel, sondern gewissermaßen selbstverständlich. Bereits während seines Informatikstudiums an der damaligen Uni Karlsruhe hatte er kleinere Projekte hochgezogen, unter anderem den „Studibot“, der eine Zeit lang vom Servicezentrum Studium und Lehre zur interaktiven Studienberatung eingesetzt wurde.

Seinen Geschäftspartner und Mitgründer von Calpano Heiko Haller lernte er 2003 auf der Konferenz „Mensch und Computer“ in Stuttgart kennen. Max Völkel hatte damals gerade begonnen, zum Thema Wissensmanagement am Zentrum für Multimedia (ZeMM) an der damaligen Uni Karlsruhe zu promovieren, bevor er an das Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB) wechselte, um dort seine Promotion abzuschließen.

Nach seinem Psychologiestudium an der Freien Universität Berlin hatte Heiko Haller gerade seine Diplomarbeit zum Thema „Mappingverfahren zur Wissensorganisation“ (2002) abgeschlossen und war auf der Suche nach einem geeigneten Umfeld, um seine Idee für ein neuartiges visuelles „Denkwerkzeug“ zu verwirklichen. Er stand noch immer in Kontakt mit Max Völkel und entschied sich, gemeinsam mit ihm an der damaligen Uni Karlsruhe zu promovieren.

Die Dissertation von Max zum Thema „Conceptual Data Structures for Personal Knowledge Management“ wurde 2009 am AIFB veröffentlicht. Heiko Haller veröffentlichte „User Interfaces for Personal Knowledge Management with Semantic Technologies“. Beide Arbeiten beschäftigen sich mit der Strukturierung und Organisation von persönlichem Wissen.

Aus dieser gemeinsamen Dissertationsphase erwuchs die Idee zu ihrem ersten gemeinsamen Startup Calpano.


Viel (Feedback!) hilft viel

 

Im Rahmen der Recherche für ihre Dissertation stellten sie fest, dass viele Leute ihre Aufgaben mittels To-Do-Listen überblicken und so kam ihnen die Idee, ein Zeitmanagement-Tool zu entwickeln. Dieses sollte helfen, Aufgaben zu strukturieren, zu organisieren und zeiteffizient im Blick zu behalten. Schließlich gründeten sie am 1. September 2011 ihr Startup Calpano. Die vergangenen zwei Jahre lassen ein ernüchterndes Resümee zu: „Unser Unternehmen ist gescheitert, weil wir ein Problem gelöst haben, das es gar nicht gab“, erklärt Max Völkel. Dabei hatten sie viel Feedback eingeholt, das positiv war. Sie gingen auch auf wildfremde Menschen in Cafés und auf der Straße zu und fragten sie nach ihrer Meinung zu ihrem Produkt - der Großteil dieser Fremden war freundlich und aufgeschlossen. Die meisten Antworten lauteten gleich in der Art: „Tolle Idee! Ich brauche es zwar nicht, aber ich kenne einige Leute, die das sicher gut gebrauchen könnten“, erinnert sich Max Völkel. Heiko Haller bringt die Schwierigkeit mit dem Feedback auf den Punkt: „Alle Leute – auch völlig fremde – sind nett, wenn sie wissen, dass es um deine eigene Idee geht.“


Gescheitert – na und?!

 

Mit diesem Rückschlag muss man erst mal fertig werden, könnte ein Außenstehender meinen. Max Völkel und Heiko Haller bedauern ihr gescheitertes Startup zwar, lassen sich davon aber nicht runterziehen. „Es gibt nur gescheiterte Unternehmen, keine gescheiterten Unternehmer“, erklärt Völkel die Zuversicht des Start-up-Gespanns. Ob sie sich wieder dazu entscheiden würden, ein Startup zu gründen? Ja, weil es erfüllend sei, etwas Eigenes zu erschaffen und Ideen umzusetzen. Allerdings würden sie einiges anders angehen. Völkel hadert: „Ich wünschte, wir hätten Lean Startup gekannt!“ Lean Startup bezeichnet eine Herangehensweise an die Gründung eines Unternehmens oder die Entwicklung eines Produkts. Hierbei geht es vor allem um kurze Feedback-Schleifen, um mögliche Stolpersteine früh zu erkennen.


Eine schlechte Erfahrung bringt gute Erkenntnisse

 

Außer der bewährten Lean-Startup-Methode haben die beiden Wahlkarlsruher noch weitere Lehren aus ihrem gescheiterten Unternehmen gezogen, die sie gerne an zukünftige Unternehmer weitergeben: Alle Planung helfe nichts, wenn man sich nicht traue, mit seiner Idee aus dem Büro heraus zu kommen und – gerne auch von Fremden – ehrliches Feedback einzuholen. Kleiner Insidertipp hierbei: Die Idee nicht als die eigene anpreisen, sondern eine Art künstliche Distanz schaffen, die dem Befragten erlaubt, sich ohne schlechtes Gewissen Bedenken und Beschwerden über die Idee beziehungsweise das Produkt zu äußern.

Da es ein Balanceakt ist, bei der Produktentwicklung dem schmalen Grad zwischen Durchhalten und Loslassen zu folgen, helfe es, die eigene Kundenzielgruppe im Blick zu behalten und auf deren Bedürfnisse einzugehen. Max Völkel bringt es mit folgender Gleichung auf den Punkt: „Problem + Budget = Kunde. Jemand, der ein Problem hat und bereit ist, für dessen Lösung Geld auszugeben, ist ein potentieller Kunde.“ Klingt einleuchtend. „So einsichtig ist man als Unternehmer leider nicht immer. Zum Beispiel dann, wenn man einsehen muss, dass die ursprüngliche Idee nicht so gut ankommt, wie eine Abwandlung von selbiger oder ein Nebenprodukt. Man solle sich nach positivem Feedback und Erfolg richten“, meint Heiko Haller und vergleicht dieses Verhalten mit dem Wachstum einer Pflanze, die automatisch dem Sonnenlicht entgegenwächst. 

Weitere Tipps sind möglichst kurze Feedbackzyklen in die laufende Entwicklung einbauen und sich mit anderen Gründern auszutauschen. Hierzu gibt es auf dem Campus Süd des KIT viele Möglichkeiten, wie das Gründergrillen, wo man in lockere Gespräche und zwangloses Networking hineinschnuppern kann.


Blick nach vorne

 

Obwohl ihr Startup Calpano nach eigenen Angaben gescheitert ist, stecken Max Völkel und Heiko Haller nicht den Kopf in den Sand. Beide arbeiten momentan am EnTechnon und bleiben im Bereich Startup-Gründung tätig. Nebenher beschäftigt sich Herr Haller gerade mit der Weiterentwicklung und Vermarktung der Software, die aus seiner Doktorarbeit entstanden ist: dem iMapping-Tool.

Neben ihrer Arbeit am EnTechnon sind beide als Berater tätig: Max Völkel arbeitet als IT-Berater im Bereich Webtechnologien, während Heiko Haller als Coach und Berater für persönliches Wissensmanagement Wissensarbeitern helfen will, den Überblick zu behalten, die richtigen Werkzeuge für die jeweilige Arbeit zu finden und den Kopf dafür frei zu bekommen.


Sowohl Max Völkel als auch Heiko Hallo zeigen eindrucksvoll, wie gewunden und unvorhersehbar berufliche Wege verlaufen können – und, dass die Definition von Scheitern im Auge des Betrachters liegt.