Der Traum vom freien Wissen

  • Autor:

    Lisa Mielke 

  • Datum: 14.02.2017
  • Lydia Pintscher – Produktmanagerin für Wikidata (Wikimedia Deutschland)

Der Traum vom freien Wissen

Lydia Pintscher

Die ehemalige KIT-Studentin Lydia Pintscher war schon immer ein großer Fan von freier Software und dem damit verbundenen Gedanken, freies Wissen für alle Welt zugänglich zu machen. Mittlerweile ist sie als fester Teil von Wikimedia Deutschland ihrem Traum vom freien Wissen ein großes Stück näher gekommen. Uns hat sie erzählt, was Freiheit, Transparenz und Offenheit in der Softwareentwicklung für sie bedeuten und wie ihr Arbeitsalltag als Produktmanagerin für Wikidata aussieht.

 

Von 2003 bis 2011 hat Lydia Pintscher Informatik am KIT studiert. Ursprünglich stammt sie aus der Nähe von Zwickau, aus einer kleinen Stadt namens Glauchau in Sachsen. Gegen Ende der Schulzeit, als sich die Frage nach einem geeigneten Studium auftat, schwankte sie noch zwischen Medizin, Jura und Informatik. Nach Praktika in den ersten beiden Disziplinen fiel ihre Wahl auf die dritte Möglichkeit, denn Informatik hat sie schon immer fasziniert. Nach einem Blick in das aktuelle Hochschulranking, stand für sie fest, nach Karlsruhe zu ziehen, um dort ihr Informatikstudium aufzunehmen. „Karlsruhe hat die perfekte Größe, ist nicht zu klein und nicht zu groß, der schöne Schlosspark ist definitiv ein Pluspunkt und auch das Umland hat viel zu bieten“, schwärmt Pintscher.

 

Faszination “freie Software“
Das Beste am Studium war für sie die Möglichkeit Informatik „richtig“ zu lernen, zu verstehen und anzuwenden. Tatsächlich zu begreifen, warum Software funktioniert, wie sie funktioniert und was für vielfältige Anwendungsmöglichkeiten sie offenbart, war für Frau Pintscher die entscheidende Erkenntnis im Studium. „Dennoch ist mir nichts im Studium einfach so zugeflogen. Aber mit viel Biss und Durchhaltevermögen ist es machbar und gerade das gemeinsame Brüten über schwierigen Matheaufgaben schweißt dich mit deinen Kommilitonen zusammen. Zukünftigen Studierenden der Informatik kann ich nur raten, bereits während des Studiums die Fühler auszustrecken, um möglichst frühzeitig all das theoretische Wissen, das man im Studium lernt in der Praxis anzuwenden. Ob dies nun im Rahmen eines Praktikums, Nebenjobs oder, wie es bei mir der Fall war, einer freiwilligen Mitarbeit bei einem freien Softwareprojekt geschieht, ist hierbei ganz egal.“ Schließlich verfasste sie ihre Diplomarbeit unter dem Titel "Collaborative and transparent Free Software development" zum Thema „freie Software“. „Im Laufe meines Studiums habe ich nach und nach begriffen was es eigentlich heißt Software nicht nur kostenlos herunter zu laden, sondern auch selbst teilen, gestalten und verändern zu können“. Besonders große Softwareprojekte, die von Millionen Nutzern anwendbar sind, beeindruckten sie. Da kam ihr die Idee, dies zu ihrem Beruf zu machen – Was zunächst nur ein Traum war, wurde ein paar Jahre später Realität. Mittlerweile arbeitet Frau Pintscher für Wikimedia Deutschland. Dort ist sie Produktmanagerin für Wikidata. 

 

Ohne Soft Skills keine Software
„Über einen Studentenjob kam ich damals durch eine Connection zu Wikimedia“, erzählt Frau Pintscher. Zunächst stieg sie dort in der Community Kommunikation ein, wo sie Projekte gestaltete, mit den Editoren zusammen arbeitete und deren Bedürfnissen und Fragen nachging. Neben den technischen Grundlagen, die sie während des Studiums erlernt hatte, zahlte sich hier besonders die soziale Komponente, die sie aus ihrer Arbeit in freien Softwareprojekten während des Studiums mitgebracht hatte, aus. Bereits anderthalb Jahre später übernahm sie das Produktmanagement von Wikidata. Dort arbeitet sie gemeinsam mit einem kleinen Team aus Entwicklern, Designern, Community Manager und den Editoren, die den Content in Wikidata erstellen. Während die Editoren also für den Inhalt zuständig sind, bildet Lydia Pintscher mit ihrem Team die technische und programmatische Grundlage dafür. „Auch in einem kleinen Team ist viel erreichbar und umsetzbar“, sagt Frau Pintscher. Die Philosophie von Wikimedia lautet, dass jeder Mensch freien Zugang zu Wissen haben soll und dieses teilen kann. Wikimedia als Arbeitgeber gibt Frau Pintscher so die Möglichkeit, „an Software mitzuarbeiten und die Welt zu verändern“. Besonders schätzt sie die kollaborative, transparente und offene Arbeitsatmosphäre und die Mitarbeit der zahlreichen Freiwilligen. „Die Leute sind so in der Lage, eigene Probleme zu lösen“. 

 

Ehrenamt und fester Job: Alles eine Frage der Organisation
Seit 2006 ist Lydia Pintscher zudem Teil von KDE, einer freien Softwarecommunity, die vor 20 Jahren in Tübingen gegründet wurde und mit der Hilfe von Leuten aus aller Welt freie Software wie beispielsweise ein Zeichenprogramm, einen Desktop oder einen virtuellen Globus (ähnlich wie Google Earth) erstellt. „Zu Beginn des Studiums hat mich ein Kommilitone, der damals an KDE‘s Musicplayer mitgearbeitet hatte, kurzerhand auf eine Konferenz nach Berlin mitgenommen.“ Mittlerweile ist Frau Pintscher die Präsidentin des KDE e.V. Auf die Frage, wie sie es schafft, KDE und Ihren Arbeitsalltag unter einen Hut zu bringen, lacht Frau Pintscher und sagt: „Ich habe wohl ein gutes Organisationssystem, bestehend aus To-Do-Listen zum Abhaken, Kalender und Inbox. Aber wenn man weiß, warum man das alles macht und wofür, dann macht es auch Spaß und es lässt sich immer irgendwie die Zeit dafür finden.“ Für die Zukunft wünscht sie sich, weiterhin an Projekten mitarbeiten zu können, die Impact haben und die Welt verändern.