Leichterer Zugang zu barrierefreien Materialien

Leichterer Zugang zu barrierefreien Materialien

ACCESS@KIT beteiligt sich an hochschulübergreifender Plattform für barrierfreie Materialien.

MINT-Studiengänge sind für Studierende mit Sehbeeinträchtigung aufgrund der mathematischen Anteile eine große Herausforderung: Formeln, Diagramme und grafische Inhalte werden visuell dargestellt und sind daher nicht mit Vorlesesoftware zugänglich. Bisher können nur wenige Hochschulen professionelle Unterstützung bei der Aufbereitung dieser Inhalte bieten. Eine zentrale Plattform, die informiert und barrierefreie Materialen zur Verfügung stellt, ist Ziel des Projektes „Math4IP“. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) bringen dabei ihre Expertise in digitaler Barrierefreiheit und Assistiven Technologien ein.

Betroffene Studierende sind bislang meist von Assistenzen abhängig, die sie sich selbst aneignen müssen. Dabei sind sie häufig weitgehend auf sich allein gestellt, was sich negativ auf ihren Studienerfolg auswirken kann.
Ändern will dies das Team des Projektes „Math4VIP - Eine neue Dimension in der Barrierefreiheit mathematischer Lehrinhalte für sehbeeinträchtigte Studierende in den MINT-Fächern“, in dem Professorin Ilka Agricola, Mathematikerin an der Philipps-Universität Marburg, und Dr. Thorsten Schwarz vom Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien des KIT (ACCESS@KIT) zusammenarbeiten.

Neue Standards, Materialien und Leitfäden für mehr Barrierefreiheit

Ihr gemeinsames Ziel ist eine zentrale Plattform, die Informationen über den barrierefreien Zugang zu Mathematik und über die notwendigen Schritte zur barrierefreien Aufbereitung mathematischer Inhalte für Studierende mit Sehbeeinträchtigung bereitstellt. Dabei werden neue Standards entwickelt, Materialien entsprechend der Standards erstellt, Leitfäden verfasst und bekannt gemacht. 
„An jeder einzelnen Universität studieren nur wenige Studierende mit starker Sehbehinderung, so dass man oft auf kurzfristige ad-hoc-Lösungen zurückgreift. Dies wollen wir ändern und so gemeinsam ein Portal schaffen, das einen echten Mehrwert im deutschen Sprachraum liefert“, sagt Projektleiterin Agricola. Angehörige anderer Hochschulen können darin dann eigene Materialien hochladen und so zum Wachstum der Datenbank beitragen. Insgesamt sollen Studierende mit Sehbeeinträchtigung aus dem deutschen Sprachraum so leichteren Zugang zu barrierefreien Materialien erhalten, unabhängig davon, an welcher Hochschule sie studieren.

ACCESS@KIT unterstützt Studierende mit Sehbehinderung seit über 35 Jahren

Am KIT berät und unterstützt das Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien (ACCESS@KIT) seit mehr als 35 Jahren Studierende und Studieninteressierte mit Sehbehinderung und Blindheit in allen am KIT angebotenen Studienfächern. Zugleich engagiert sich das ACCESS@KIT, verankert an der KIT-Fakultät für Informatik, in Forschung und Lehre. “Wir entwickeln, auch gemeinsam mit unseren Studierenden, neue Zugänge zu allen in MINT-Fächern relevanten Gebieten. Das gilt besonders für die Mathematik: Die Aufbereitung der notwendigen Grafiken in eine taktile Version ist bei uns einzigartig”, erläutert Schwarz. Dafür stehen am ACCESS@KIT ein Labor für verschiedenste Drucktechniken und ein Arbeitsraum für Studierende mit modernsten Ausgabegeräten, zum Beispiel zweidimensionale Brailledisplays, zur Verfügung. Pro Jahr werden am ACCESS@KIT über 20.000 taktile Grafiken erstellt, dazu kommen 3D-Modelle aus Kunststoff und Holz. “Diese langjährige Erfahrung bringen wir in Math4VIP ein, um die wegweisende Standardisierung textueller Beschreibungen von Grafiken und Formeln mitzugestalten”, so Schwarz.

Initiative Pioniervorhaben: Impulse für das Wissenschaftssystem

Die Volkswagen-Stiftung fördert das Projekt Math4VIP in der Förderlinie „Pioniervorhaben - Impulse für das Wissenschaftssystem“ für drei Jahre mit einer Gesamtsumme von etwa 500.000 Euro. Mit diesem Förderangebot möchte die Stiftung Experimentierräume für grundsätzliche Neuerungen und wesentliche Verbesserungen in Bereichen des deutschen Wissenschaftssystems schaffen. Dazu sollen vielversprechende Ideen für Pioniervorhaben aus der wissenschaftlichen Community aufgegriffen und gefördert werden.